Von einem Koch- und Austauschangebot für geflüchtete Frauen zum Catering-Unternehmen mit acht festen Mitarbeiterinnen: So lässt sich die Erfolgsgeschichte von Chickpeace auf den Punkt bringen. Chickpeace – der Name setzt sich zusammen aus Chickpeas (Kichererbsen), Chicks (selbstbewussten Frauen) und Peace (Frieden) – ist das Herzensprojekt von Manuela Maurer. Manuela ist Diplom-Sozialpädagogin und hatte schon immer eine klare Vision: Soziales und Wirtschaftliches zusammendenken. Anfangs gar nicht so einfach, denn als Manuela ins Berufsleben startete, war der soziale Sektor noch kaum mit der Wirtschaft vernetzt.
Aber Manuela ließ nicht locker und konnte ihre Vision schließlich mit ihrem eigenen Social Enterprise verwirklichen. Heute kochen die Frauen von Chickpeace, die aus Syrien, dem Irak, Somalia, Eritrea und Afghanistan stammen, für kleine und große private Gesellschaften und Events im Raum Hamburg. Auf dem Menü: authentisch arabische Hausfrauenkost. Bei Chickpeace können die Frauen ihre eigenen Stärken entdecken, sich entsprechend ihrer Talente und Fähigkeiten weiterentwickeln und ein eigenes Einkommen sichern.
Doch damit ist die Geschichte von Chickpeace noch nicht zu Ende erzählt. Denn den Stammspielerinnen, wie Manuela ihr Kernteam liebevoll nennt, steht Großes bevor: ein Umzug ins Neue Amt Altona – Hamburgs ersten genossenschaftlich organisierten Coworking-Space.
Chickpeace besteht jetzt seit 2016. Nimm uns doch nochmal mit an den Anfang – wie sahen die ersten Schritte auf dieser Reise aus?
Gerne! 2015 habe ich mich als Ehrenamtliche in einer Wohnunterkunft für Geflüchtete in Hamburg-Heimfeld engagiert und zusammen mit anderen Engagierten ein Nachbarschaftscafé initiiert. Etwas später kam dann noch ein Angebot speziell für Frauen dazu, das Buffet-Begegnungen hieß. Dabei kamen je fünf Frauen aus der Unterkunft mit fünf Hamburgerinnen zusammen. Wir haben gemeinsam auf dem Wochenmarkt eingekauft, gekocht und dabei die deutsche Sprache gelernt. Das war für die Frauen besonders wertvoll, weil sie aufgrund ihrer Kinder oft keinen Zugang zu regulären Sprachkursen hatten.
Wie hast du persönlich diese Zeit in Erinnerung?
Es war natürlich total turbulent und bunt! Was mich damals total beflügelt hat, war die hohe Beteiligung der vielen Ehrenamtlichen, die mit voller Power dabei waren. Und auch das Verhältnis zu den Geflüchteten war sehr, sehr herzlich – man saß quasi jeden Tag an einem anderen Tisch und war zum Essen eingeladen.
Und wie ist aus der Zusammenarbeit mit den geflüchteten Frauen das Sozialunternehmen Chickpeace geworden?
Unser erster Auftrag kam, als ein Freund mich fragte, ob wir nicht auch für andere kochen würden. Das war sozusagen die Geburtsstunde von Chickpeace. 2017 haben wir dann den Gastro-Gründerpreis in der Kategorie ‚Soziales‘ gewonnen. Damit hatten wir gar nicht gerechnet, aber das war eine riesige Anerkennung für uns. Du musst dir vorstellen: Bis dahin hatten wir mit privatem Geschirr gearbeitet, und ich habe das Essen anfangs mit meinem Privatauto ausgefahren. Mit dem Preisgeld von 5.000 Euro konnten wir endlich erste Sachen kaufen – Schalen, Transportkörbe und so weiter.
Seitdem ist viel passiert und ihr seid mittlerweile ein gut eingespieltes Team. Gibt es trotzdem noch Herausforderungen, denen ihr begegnet?
Ja, auf jeden Fall! Die größte Herausforderung ist definitiv das Kapital. Wir arbeiten zwar kostendeckend, aber vor allem während der Pandemie konnten wir keine Rücklagen bilden. Wir wirtschaften also noch nicht nachhaltig. Mit dem Umzug ins Neue Amt Altona stehen wir jetzt außerdem vor der Aufgabe, Kapital für den Ausbau unserer neuen Produktionsküche zu akquirieren. Das sind schon hohe Summen. Vor allem weil wir an dem neuen Ort wirkliche Vorzeige-Arbeitsplätze schaffen werden. So achten wir zum Beispiel auf die Höhe der Arbeitsflächen. Unsere Frauen sind im Durchschnitt 1,60 m groß und müssten bei einer zu hohen Küche immer mit angezogenen Schultern arbeiten. Das wollen wir nicht.
Mit Blick auf die Zukunft: Was sind die nächsten Schritte für Chickpeace, wie geht es weiter?
Wir rechnen damit, dass wir in der neuen Küche insgesamt 12 sozialversicherungspflichtige Stellen anbieten können – das sind vier mehr als jetzt. Neben der Catering-Küche wird es dort auch eine Cantina geben – einen Gastraum für die 300 Coworker:innen im Haus und die Nachbarschaft. Dort werden noch zehn weitere Arbeitsplätze entstehen. Im Neuen Amt können wir dann auch Workshops durchführen, zum Beispiel zum Thema nachhaltiges, ressourcenschonendes Wirtschaften oder Kochen mit regionalen Produkten, aber auch Weiterbildungsangebote für die Zielgruppe. Denn zu unserem Konzept gehört immer schon, dass sich die Frauen auch in verschiedene andere Teilbereiche des Geschäfts einarbeiten, etwa die Buchhaltung oder Personalplanung. Außerdem denken wir darüber nach, kleine „Chickpeaces“ an verschiedenen anderen Standorten zu etablieren und so unsere Erfahrungen weiterzugeben. Und nicht zuletzt arbeiten wir an eigenen Produkten – auch das ist eine sehr schöne Weiterentwicklung!
Vielen Dank für das Gespräch, Manuela!
Über Chickpeace:
Chickpeace ist ein Catering-Service aus Hamburg, der seit 2017 von geflüchteten Frauen betrieben wird. Auf diese Weise entstehen voll sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, die den Frauen eine finanzielle Unabhängigkeit ermöglichen. Das Angebot umfasst feinste authentisch arabische Hausfrauenkost mit kalten, warmen und süßen Speisen. 2017 wurde Chickpeace mit dem deutschen Gastro-Gründerpreis ausgezeichnet.